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Dienstag, 1. Juli 2008

GR 11: 7 Wochen zu Fuß durch die spanischen Pyrenäen, vom Mittelmeer zum Atlantik, 800 km, 40.000 Hm.


TEIL III - von Sallent de Gallego bis zum Cap Higuer
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Tag 39: Sallent de Gallego >  >  > Candachu, 01.07.2008 - 1.300 hm auf - 9 h - 22 km -

GR 11-Etappe Tag 39: Sallent de Gallego - Candachu
GR 11: Sallent de Gallego
Nun geht es also in den Endspurt. Vor mir liegen nur noch Etappen, die mit Ausnahme der heutigen, nicht mehr über die 2.000 m gehen. Aus Sallent de Gallego heraus finde ich den gut markierten Weg ohne Probleme. Es geht auf Straßen durch Wohngebiete und irgendwann auf Schotter- und Feldwegen Richtung Formigal. Formigal lasse ich rechts liegen was sicher auch kein Versäumnis ist, denn vom GR 11 aus sieht die Ortschaft aus wie ein Ski-Retortenort. Nach Formigal laufe ich noch eine Weile auf einer Landstrasse und erreiche dann die Talstation des Skilifts von Formigal.

Obwohl der Weg nicht sehr attraktiv ist bin ich bester Laune, weil das Wetter und das Panorama prima sind. Laut meinem Wanderführer soll sich der GR 11 schlecht markiert auf Wiesenpfaden nach oben ziehen. Es ist deutlich zu erkennen, dass der Skilift neu gebaut wurde. Vielleicht sind die Markierungen diesen Arbeiten zum Opfer gefallen, jedenfalls finde ich keine und ziehe der Richtung der Liftanlage folgend über die Wiesen nach oben. Das funktioniert prima und ich erreiche ohne Probleme die Bergstation des Lifts. Von dort aus ist auch der Weiterweg zum Collado de Izas zu erkennen, den ich eine gute Stunde später erreiche.

GR 11: Pena Collarada
GR 11: Blick vom Collado de Izas auf Pena Collarada
Am Collado de Izas mache ich eine Pause und genieße das tolle Panorama. Gegenüber ragt der 2883 m hohe Klotz der Pena Collarada über dem Circo de Ip auf.

In meinem outddor guide ist für die folgende Srecke angekündigt, daß Wegverzweigungen dazu verleiten, den markierten Weg zu verlassen. Obwol ich mir vornehme das nicht zu machen passiert es dennoch. Aber die Wege führen auch wieder zusammen und so komme ich ohne Probleme Canfranc-Estation immer näher.

GR 11: Blick auf Canfranc-Estation
Schon vor Canfranc-Estation erkenne ich den mächtigen Bau des Bahnhofs deutlich. Leider wird dieser gerade renoviert und die Baustelle macht eine Besichtigung unmöglich, es ist alles abgesperrt. Schade. Aber es macht sicher Sinn dieses Gebäude vor dem Verfall zu retten. In Canfranc-Estation gebe ich auf einer kleinen Poststation dann noch ein Päckchen auf. Ich schicke Pickel, Steigeisen und nicht mehr benötigte Landkarten nach Hause. Für das, was diese Aktion kostet, hätte ich fürstlich essen gehen können. Aber egal, der Rucksack wird deutlich leichter und das zählt. Von Canfranc-Etstaion aus geht es dann noch hoch bis Candachu.

GR 11: Albergue Ayas am Col du Somport
Dort angekommen finde ich die im Handbuch erwähnten Refugios. Der Ort selbst ist wohl nur im Winter belebt. Es gibt nicht ein einziges offenes Geschäft und ich bin froh, dass ich meine Vorräte schon in Canfranc-Estation aufgefrischt habe. Einer Idee folgend ziehe ich noch 1 km weiter hoch bis zum Col du Somport, da dort in meiner Landkarte eine Übernachtungsmöglichkeit eingezeichnet ist. Und tatsächlich. Dirket am Paß steht die Albergue Ayas. Ich übernachte dort für 17 € inkl. Frühstück. In der Herberge sind viele Wanderer des Jakobsweges, die auf diesem Seitenarm des Camino ihre Pilgereise starten. Abends sitzen einen Tisch weiter zwei Engländer. Als die bezahlen kriege ich mit, dass sie 8 Bier und zwei Flaschen Rotwein getrunken hatten. Ich hoffe dass die beiden nicht bei mir im Zimmer liegen, da ich wegen deren Alkoholkonsum und ihrer kräftigen Statur befürchte dass sie Schnarcher sind. Leider kommt es aber dann genau so. Sie liegen in "meinem" 6 Bett Zimmer und sägen was das Zeug hält. Meine Ohrenstöpsel helfen ein wenig und irgendwann schlafe ich dann auch ein.

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Tag 40: Candachu > > > Casa de la Mina, 02.07.2008 - 600 hm auf - 7 h - 20 km -

GR 11-Etappe Tag 40: Candachu - Casa de la Mina
Ich habe trotz der beiden schnarchenden Engländer gut schlafen können, stehe früh auf und frühstücke in der Herberge. Die beiden Engländer liegen noch regungslos in ihren Betten. Beim Frühstück sitze ich mit Elisa aus Mailand am Tisch, die heute hier in den Jakobsweg starten will. Ich wünsche ihr viel Erfolg und starte in die Etappe, die mich heute bis "Casa de la Mina" führen wird. Zunächst geht es vom Col du Somport zurück nach Candachu und dort vorbei an einem Militärgelände und aus dem Ort hinaus Richtung Collado de Causiat.

Von der Gegend um den Collado de Causiat aus hat man schöne Ausblicke, unter anderem in das Valée d'Aspe. Der Weg führt immer wieder durch Waldabschnitte, die mich stark an den Schwarzwald erinnern. Das seit einigen Tagen vorhandene Heimweh verstärkt sich dadurch noch etwas, aber den GR 11 werde ich auf alle Fälle fertig laufen, so wenige Tage vor dem Ziel, mit oder ohne Heimweh. Das Wetter scheint heute leider nicht so stabil zu sein. Nach anfänglichem Sonnenschein beginnt es sich immer mehr einzutrüben, es könnte heute ein Gewitter geben.

Ich komme dann zum Ibon de Estanes, einem wunderschönen Fleckchen Erde. Der See ist zur einen Seite hin von Berghängen begrenzt auf der anderen Seite mit saftigen Wiesen umgeben, auf denen Pferde grasen. Das wäre ein toller Platz für ein Lager. Vom Ibon de Estanes aus geht es noch ein Stück bergauf und dann ist der höchste Punkt für heute geschafft.Von dieser Stelle aus hat man einen guten Ausblick, leider wegen des eintrübenden Wetters nicht ganz optimal. Ich sehe das Tal der Aguas Tuertas, durch das der GR 11 führt, unter mir und in der Ferne glaube ich den Pic du Midi d'Ossau zu erkennen.

Kurz nach dieser höchsten Stelle der Tagesetappe mache ich dann einen Fehler, übersehe ein Wegzeichen oder folge einem falschen Steinmännchen. Jedenfalls wird mein Gefühl in die falsche Richtung zu laufen immer mehr zur Gewissheit, spätestens als ich den Kompass raushole und meine Marschrichtung sehe: Westen. Das passt nicht und als ich dann noch an einem kleinen See, dem Ibon d'Orna, lande habe ich Gewißheit. Ich laufe laut meiner Karte entlang den Hängen des Massivs der Sierra de Bernera. Der Pfad ist schmal und immer wieder mit Steinmännchen markiert. Interessanterweise finde ich dann nach dem See an einem Felsen eine alte und verwitterte rot-weiße Markierung und so beschließe ich hier die Richtung zu wechseln und nach Norden einzuschwenken.

GRR 11: Auguas Tuertas
Es wird ein Abstieg bei dem ich manchmal glaube auf ausgetretenen Pfaden zu laufen, dann aber wieder ausweichen muss, weil ein steiler Abstieg den Weg versperrt. Letztlich klappt es aber und der Talgrund der Auguas Tuertas kommt näher. Kurz bevor ich den Talgrund erreiche kommt dann auch von rechts der GR 11 daher, ich habe die Originalroute wieder. Die Strecke durch die Auguas Tuertas ist beeindruckend. Ein Bach schlängelt sich durch die Wiesen, Kühe und Pferde grasen ruhig vor sich hin. Im Gras sitzen auch immer wieder Geier, die sich aber lange bevor man für ein gutes Foto mit einer Kleinbildkamera an sie rankommt in die Luft erheben und das Weite suchen.

Am Ende des Tales passiere ich eine kleine Hütte (Achar de Aguas Tuertas) in der man auch übernachten könnte. In meinen outdoor guide war sie als unbrauchbar beschrieben, ich finde aber man könnte hier mit Iso und Schlafsack durchaus übernachten. Es ist ein Raum für ca. 8 Personen, mit Feuerstelle aber ohne Bettrost oder ähnlichem. Nach passieren der Hütte geht es noch ca. eine Stunde das Tal hinunter bis die Nothütte Casa de la Mina erreicht ist. Vor der Nothütte gibt es noch eine Quelle an der ich Frischwasser aufnehme. Die Nothütte Casa de la Mina selbst ist völlig unbrauchbar und ich schlage mein Zelt auf dem Gelände davor auf. Ich bin der einzige der hier übernachtet, jedenfalls sehe ich außer einem Schäfer, der Abends seine Schafe zusammentreibt und einzäunt, niemand. Ich lege mich früh in's Zelt und schrecke plötzlich hoch, weil direkt hinter meinem Zelt ein lautes schnaubendes Gräusch ist. Ohne nachzudenken gehe ich sofort raus und sehe direkt hinter meinem Zelt...eine Kuh mit ihrem Kalb. Für eine Sekunde hatte ich das Faltblatt über Bären in den Pyrenäen vor Augen, das ich in Espot gelesen hatte. Ich gehe wieder in's Zelt und kurz danach beginnt es ziemlich heftig zu gewittern. Ich mache noch ein Foto im Zelt und schlafe dann trotz des Gewitters ziemlich schnell ein.
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Tag 41: Casa de la Mina > > > Izaba, 03.07.2008 - 900 hm auf - 8 h - 27 km -

GR 11-Etappe Tag 41: Casa de la Mina - Izaba
GR 11: Casa de la Mina
Das Gewitter letzte Nacht hat seinen Dienst getan. Der Tag beginnt wieder mit Sonne, nur ein paar Wolken sind zunächst zu sehen, später werden es dann mehr. Es ist aber noch ziemlich frisch und ich mache mich zügig fertig und ziehe weiter. Kurz nach dem Start begegnet mir ein älterer Engländer. Wie sich herausstellt hat er auch hier übernachtet, ein Stück weiter unten. Er läuft den GR 11 in die andere Richtung, so dass wir ein paar Informationen zum GR 11 austauschen und dann weiterziehen. Mein Ziel für heute ist eigentlich Zuriza.


Der Aufstieg zum Collado de Petraficha verläuft angenehm über Wiesenhänge und auch der Abstieg danach Richtung Zuriza läuft wie am Schnürchen. Ich komme so flott voran, dass ich bereits vor 12 Uhr in Zuriza bin und daher kurz entschlossen die nächste Etappe nach Izaba noch dranhänge. Ich entschließe mich aber für die Umgehung des Ezkaurre, da ich so einiges an Höhenmeter spare und die Beschreibung der Überschreitung im Handbuch nicht gerade animiert. Nach Zuriza laufe ich einem kleinen Strässchen folgend zum Collado Arguibiela und passiere dort die Grenze nach Navarra.
Nach dem Pass bleibe ich auf dem Strässchen, versuche zwar den auf der linken Talseite verlaufenden und markierten Weg zu laufen (ich vermute die frisch markierte GR 11 Umgehung des Ezkaurre), komme aber wieder auf die Strasse zurück. Der Weg ist, wie gesagt, frisch markiert und die Markierung und die ausgetretenen Pfade passen noch nicht so recht zusammen. Ich lande immer wieder im Gebüsch und ziehe es daher irgendwann vor die Strasse zu nehmen. Das Stück ist auch nicht sehr lange und am Ende verlasse ich die Strasse nach links und halte auf Izaba zu, wo ich um 16:00 ankomme. 


In Izaba nehme ich mir ein Zimmer im empfohlenen Hotel "Lola" und bin mit der Wahl sehr zufrieden. Mein großer Zeh am rechten Fuß hat heute etwas abbekommen, so dass ich die letzte Stunde vor Izaba schon leicht zu humpeln begonnen habe. So beschließe ich in diesem netten Örtchen einen Pausentag einzulegen. Der Pausentag in Izaba vergeht schnell. Ich besichtige den Ort, schreibe Postkarten und versuche auch die Kirche zu besichtigen. Leider ist die, wie beinahe alle Kirchen die ich betreten wollte, verschlossen.

Bei meinem Rundgang treffe ich auch wieder Frank, den Franzosen, dem ich am Collado de Vallibierna begegnet bin. Er will nur kurz etwas essen und dann schon wieder weiterziehen. Wir werden uns morgen wiedersehen und dann den Rest des GR 11 gemeinsam gehen, das wissen wir aber hier noch nicht.
GR 11: Häuser in Izaba

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Tag 43: Izaba > > > Ochagavia, 05.07.2008 - 700 hm auf - 5 h - 24 km -

GR 11-Etappe Tag 43: Izaba - Ochagavia
Die Etappe von Izaba nach Ochagavia erinnert mich erneut stark an den Schwarzwald. Es ist trotz schlechter Wettervorhersage wieder tolles Sonnenwetter. Die Landschaft um mich herum ist lieblich geworden, es gibt kaum noch unbewaldete Hügel. Die Tour verläuft flott und am Ende werde ich schon nach 5 Stunden am Ziel sein. Als ich unterwegs ein Päärchen überholt habe ist mir aufgefallen, was für ein hohes Tempo ich laufe.

GR 1. Ermita de Nuestra Senora de Idoya
Aus Izaba heraus führt der Weg zunächst zur Ermita de Nuestra Senora de Idoya, einer Einsiedelei mit schönem Garten. Der GR 11 führt mitten durch diesen Garten, was mich zunächst zögern lässt, sich dann aber als richtig herausstellt. Weiter geht es den Rest der 700 hm Anstieg zum Collado de Kakueta. Ich bin letzlich so zügig am Collado angekommen, dass ich mich in der Karte nochmals vergewissere nicht falsch gelaufen zu sein.

Nach dem Collado geht es mit schönen Ausblicken weiter auf Schotterwegen Richtung Ochagavia. Am Wegesrand bemerke ich dabei erstmals große Jägerstände und kann damit noch nicht so recht etwas anfangen. Wie ich später erfahren werde sind diese Hochsitze nicht für "normale" Jäger, sondern für Vogeljäger. An anderen Stellen im baskischen Teil der Pyrenäen sind ganze Hügelketten übersäht mit Hochsitzen und getarnten Schießständen für die Vogeljäger.

Nach bereits 5 Stunden bin ich in Ochagavia, einem netten kleinen Örtchen am Rio Anduna. Nachdem ich den Ort ein wenig besichtigt habe mache ich mich auf den Weg zum Campingplatz, der wirklich empfehlenswert ist. Dort angekomen treffe ich wieder auf den Franzosen, den ich schon mehrmals getroffen habe. Er heißt Frank, hat heute seinen 50. Geburtstag und wir verabreden uns für später. Wir gehen abends in Ochagavia essen und bei uns ist noch Jorge, ein Spanier der den GR 11 Richtung Mittelmeer läuft. Obwohl Jorge kaum Englisch, ich kaum Spanisch und Frank kein Deutsch spricht wird es ein netter und unterhaltsamer Abend. Später sitzen Frank und ich noch in der Bar des Campingplatzes zusammen, stellen fest dass wir auf dem GR 11 einen beinahe identischen zeitlichen Verlauf hatten und rätseln, warum wir uns hier und dort nicht auch begegnet sind. Wir beschließen dann die letzten Etappen des GR 11 gemeinsam zu laufen.

GR 11: Blick von einer Brücke in Ochagavia

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Tag 44: Ochagavia > > > Irati - Nothütte am Rio Egergoa, 06.07.2008 - 800 hm auf - 8 h - 21 km -

GR 11-Etappe Tag 44: Ochagavia - Irati / Egurguy
Das Frühstück gibt es heute in der Bar des Campingplatzes. Frank und ich haben schon alles gepackt, frühstücken gemeinsam und kurz bevor wir loslaufen wollen kommt noch Jorge dazu. Wir unterhalten uns eine Weile, machen noch ein (leider unscharfes) Erinnerungsbild und verabschieden uns dann herzlich. Unser Ziel für heute ist eine Nothütte am Rio Egergoa (Egurgui).

Als erstes geht es zu einer alten Kirche, der Santuario de Muskilda. Auf dem Weg dahin läuft man auf einer Art Kreuzweg, passiert also immer wieder Stationen des Leidens von Jesus Christus, bis man dann an der Kirche angekommen ist. Die ist - wen wundert's - natürlich geschlossen. Danach geht der Aufstieg zum Gipfel des Abodi Oeste weiter. Mir ist es sehr angenehm endlich wieder in Gesellschaft zu laufen und Frank ist mir ein sympatischer Gefährte. Während des Aufstiegs zum Abodi zieht dann Nebel auf. Das macht die Orientierung schwieriger und es wird zudem windig und kalt. Das ist der kälteste Tag der gesamten Tour und ich bin kurz davor die Handschuhe rauszuholen.

Wir erreichen den Abodi und dann beginnt das, was uns die nächsten drei Tage begleiten wird: ein Dauerzweifeln daran, ob wir auf dem GR 11 sind. Denn nach dem Abodi wären das nächste "markante" Ziel die Casas de Irati gewesen. Aber beim Abodi schauen wir nun ungläubig auf einen Wegweiser, der als Weg zu den Casas de Irati den GRT 9 ausweist, wohingegen der GR 11 Richtung Hiriberri führen soll, ein Ort, den der GR 11 nicht passiert. Wir entscheiden uns dem GR 11 Schild nach Hiriberri zu folgen, bis wir dann aus dem Nebel rauskommen und auf der Strasse unterhalb der Abodi stehen. Dort entscheiden wir uns dann der GR 11 Beschilderung nicht weiter zu folgen, sondern die Strasse runter zu den Casas de Irati zu laufen, weil die Richtung weder mit Landkarte, noch mit Franks und meinem Guide zusammenpasst. Ich notiere abends in mein Büchlein: "Nach dem Gipfel verfehlen wir den GR 11 - oder die Markierungen waren falsch - was ich für die wahrscheinlichere Variante halte". Das ganze sollte sich 3 Tage später klären.

GR 11: Nothütte am Rio Egurgui
Frank und ich kommen letztlich an den Casas de Irati an, laufen gemütlich entlang des Sees weiter und erreichen dann die Nothütte am Egurgui. Die Nothütte liegt neben dem Rio Egorgoa (Egurgui) und hat zwei Räume mit Holzschlafpritschen, einem Ofen Tisch und Bank. Schlicht aber OK. Brennholz ist auch da. Ein Bauer kommt noch vorbei und frägt, ob wir eine einzelne, entlaufene Kuh gesehen hätten. Wir verneinen und er macht sich wieder weiter auf die Suche. Neben der Hütte steht zwar eine kleine Herde mit Kühen und Pferden, aber die Gesuchte ist nicht dabei. Frank quartiert sich in der Hütte ein, ich schlafe im Zelt, denn es wird aller Voraussicht nach die letzte Übernachtung in freier Natur sein und ich will das nochmal geniessen. Der Tag endet ruhig, an den grünen Hängen der Hügel zieht etwas Nebel entlang und die Stimmung ist friedlich. Draussen höre ich die Geräusche der Kühe und Pferde, manche Pferde machen anscheinend noch kleine Wettrennen.


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Tag 45: Irati/Nothütte am Rio Egergoa > > > Roncesvalles, 07.07.2008 - 1.050 hm auf - 8 h - 25 km -

GR 11-Etappe Tag 45: Irati / Egurguy - Roncesvalles
Der Morgen beginnt gut, der Nieselregen von gestern Abend hat sich verzogen. Wir fangen an uns abmarschbereit zu machen und werden dabei von neugierigen Kühen beobachtet. Ich bin 2010 an diesen Platz zurückgekommen, als ich den HRP von Hendaye aus begonnen habe, denn der HRP läuft nur 2-3 km weit von hier entfernt. Der Weg Richtung Roncesvalles beginnt. Roncesvalles ist für mich ein besonderes Ziel. Ich bin zwar schon seit Jahrzenten Wanderer, Bergsteiger und Trekker. Aber zu einer solch lange Tour hat mich - wie viele - das Buch von H.P. Kerkeling zum Jakobsweg inspiriert. Für mich war aber klar, dass es ein anderer Weg als der überlaufene Jakobsweg sein muss. Erstens wollte ich es gebirgiger und zweitens einsamer.

So kurz vor Roncesvalles gehen mir diese Gedanken durch den Kopf und ich bin der Meinung, ich hätte mir keine bessere Route als den GR 11 aussuchen können. Nach anfänglich problemlosem Laufen beginnt auch heute wieder das Weg- und Markierungssuchen und wieder steigt das Gefühl auf, dass da etwas nicht stimmen kann. Wir laufen einmal eine halbe Stunde in die falsche Richtung, merken das anhand des Kompass. Selbst als wir dann wieder ganz sicher auf der Route sind bleiben Markierungen zum GR 11 oft aus. Dass wir wohl nicht die einzigen sind die sich hier Gedanken machen zeigt eine "korrigierte" Tafel an einem Holzpfosten. Da wurde aus dem GR 12 mal eben wieder der GR 11 gemacht.

Die Route selbst ist als landschaftlich lieblich zu bezeichnen, ich denke auch hier immer wieder an den Schwarzwald. Frank und ich haben viel Zeit zu reden und versäumen es nicht über die GR 11- oder 12- oder was weiß ich Markierungen zu lästern. Dann machen wir in der winzigen Ortschaft Fabrica de Orbaizeta eine kleine Pause. Dort wird in einem Haus selbstgemachter Käse angeboten und wir zögern nicht einzukaufen und gleich auf der Bank vor dem Haus mit dem Verzehr zu beginnen. Der Käse ist köstlich. Hinter der kleinen Ortschaft zieht dann ein Teersträßchen hoch Richtung Col d'Arnosteguy, das wir kurz vor dem Col verlassen und durch ein Gebiet mir keltischen Steinkreisen und Hügelgräbern kommen.

Der Weg führt später genau entlang der spanisch-französichen Grenze und an einer der Weggabelungen stößt dann der Jakobsweg, von St. Jean Piet de Port kommend, auf den GR 11. Die beiden Routen laufen hier nun gemeinsam (und nicht mehr einsam) auf Roncesvalles zu. Es sind viele Pilger unterwegs, die wir aber allesamt ohne es vorzuhaben zügig überholen. Was haben wir jetzt für eine Kondition! Nach dem Col de Lepoeder führt der GR 11 zügig nach Roncesvalles hinunter. Dort angekommen besichtigen wir kurz die Pilgerherberge und mir ist sofort klar, dass ich eindeutig im gegenüberliegenden Hosteria Casa Sabina schlafen möchte. Die haben im Haupthaus leider nichts mehr frei, dafür etwas teuerer aber erstklassig, in den Klostergebäuden. 

Das ganze Nebengebäude ist top renoviert, die Gänge mit ansprechendem Mobiliar und stilvollen Accesoires bestückt. Wir nisten uns also in einem kleinen 1 Zimmer-Appartment mit Küche ein und verbringen den Rest des Tages mit Kaffe trinken, Plaudern und Besichtigung der Abtei. Ich fühle mich wohl hier und auch der Trubel macht mir jetzt nichts aus, ich hatte meine Zeit in der Einsamkeit für mich, jetzt bin ich wieder zurück. Das Abendessen nehmen Frank und ich gemeinsam mit vielen Pilgern in der Hosteria Casa Sabina. Abends erfahre ich bei einem Anruf in die Heimat dass die Herz-OP meiner Mutter gut verlaufen ist. So endet der Tag erfreulich und wir lassen ihn auf der Terasse des Casa Sabina mit Blick auf die Abtei ausklingen.

GR 11: das Casa Sabina in Roncesvalles
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Tag 46: Roncesvalles > > > Refugio Sorogain, 08.07.2008 - 300 hm auf - 5 h - 10 km -

GR 11-Etappe Tag 46: Roncesvalles - Ref. Sorogain
GR 11: durch Burguete
Der Start in Roncesvalles ist gegen 09:00. Das sind 3 Stunden nach den ersten Pilgern, wie ich beim Milckaffee in der Bar erfahre. Unser Ziel heute ist das Refugio Sorogain und der Weg dorthin verläuft erneut nicht reibungslos. Wir haben immer wieder Probleme Markierungen zu finden und laufen schließlich einfach nach Karte, egal ob Markierungen da sind oder nicht. Nach der letzen Steigung läuft der Weg in eine schöne Wiese auf der Pferde grasen.

Von dort aus ist nur noch der Hang zum Refugio hinunterzulaufen. Wir machen eine lange Pause und dösen in der Sonne. Der Abstieg ist dann schnell erledigt, das Refugio ist offen und macht einen ganz guten Eindruck, einfach aber in Ordnung. Zum Refugio gehören zwei Hunde und eine laut miauende Katze, die sich immer an einen der Hunde ankuschelt, anscheinend unzertrennliche Freunde. Die Hunde sind allerdings schlecht erzogen, betteln beim Essen, kommen mit den Vorderpfoten sogar Männchen machend auf den Schoß und wenn man sie lässt schlecken sie einem das Gesicht ab. Ich schiebe mit deutlichen Gesten und einem konsequenten "no" dem Treiben für mich gleich einen Riegel vor, was auch gelingt.

GR 11: Refugio Sorogain
Beim Abendessen sitzt ein Franzose bei Frank und mir am Tisch. Er ist Hobby-Fotograf, zieht mit Foto, Laptop und Solarzellen-Modul durch die Lande und macht Tier- und Natrurfotos. Er zeigt das auch an seinem Laptop. Aber er hört einfach nicht auf mit seinen Erzählungen und dem Bilder zeigen, so dass ich mich dezent aus der einseitigen Unterhaltung zurückziehe und den beiden Landsmännern aus Frankreich das Feld überlasse. Die Nummer muss Frank ausbaden. Mein Französisch ist auch viel zu schlecht um eine Konversation über Fotografie zu führen.



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Tag 47: Refugio Sorogain > > > Elizondo, 09.07.2008 - 900 hm auf - 8 h - 26 km -

GR 11-Etappe Tag 47: Ref. Sorogain - Elizondo
Beim Frühstück sitzt der "Foto-Franzose" wieder bei uns. Als Frank dann mal den Raum verlässt erzählt der mir dann, dass er Frank so schlecht verstehe, weil er manchmal französisch und spanisch in einem Satz vermische. An die Eigenart von Frank habe ich mich schon gewöhnt. Als mir später auf unserem Weiterweg dann aber Frank sagte, dass er den "Foto-Franzosen" so schlecht verstanden habe musste ich laut lachen. Denn die beiden saßen gestern noch ziemlich lange am Tisch und haben geredet. Na ja.

Kurz vor dem Start betrachte ich eine Skizze im Eingangsbereich des Refugio auf welcher  der GR 11 mit anderer Wegführung als in meiner Landkarte zu sehen ist. Die Wirtim kommt dazu und nun klärt sich auf, warum wir die letzten 3 Tage solche Probleme mit dem Wege finden hatten. Der GR 11 ist zwischen Ochagavia und dem Refugio Sorogain verlegt worden. Die Streckenführung wurde komplett verändert. Wir hätten am Abodi tatsächlich Richtung Hiriberri laufen sollen. Grund: die Wandererströme rund um Roncesvalles sollen entflochten werden, wegen der Flut der Jakobspilger. Diese Hinweise undweitere Infos dazu habe ich an den Conrad Stein Verlag gemailt und sie sind dort bei den "Updates" als Leserbeitrag beim GR 11 outdoor guide von Hartmut Stahn zu finden.

Da wir nun wieder auf der Originalroute sind verläuft der Tag ohne Probleme. Wir kommen nun immer öfter durch Jagdgebiete. Auf dem Waldboden liegen leere Patronenhülsen, am Wegesrand stehen immer wieder mächtige Hochstände für die Vogeljäger. Es sind auch immer wieder getarnte Schießstände für die Vogeljäger zu sehen und auf manchen Hügeln reihen sich diese in einem Abstand von 100-200 m aneinander. Neben diesen "Sehenswürdigkeiten" tummeln sich auf den Grashügeln vor allem Schafe und auch immer wieder ein paar Pferde. Die Schafe sind mit Farben markiert, vermutlich damit sie die jeweiligen Besitzer auseinaderhalten können.



Nach einem langen Abstieg auf einer Strasse taucht dann endlich Elizondo auf. Das Städtchen hat einen ganz anderen Charakter als die bisherigen. Die Häuser sind groß, mich erinnern sie ein wenig an Südtirol. Abends telefoniere ich mit meiner Frau Birgit. Sie wird mir meine Rückreise organisieren, sprich, einen Flug bei Ryanair ab Biarritz nach Hause buchen. Das Ende der Tour naht unweigerlich und was ich die letzten Tage immer im Hinterkopf hatte wird nun sehr wahrscheinlich, daß ich meinen 45. Geburtstag am Ende des GR 11 feiern kann, am Tag nach der Ankunft am Cap Higuer. Am Abend gehen Frank und ich noch ein Bier trinken und landen in einer sehr interessanten Kneipe. Dort kann man durch eine Glasscheibe getrennt den Pelotaspielern zusehen, die in der direkt an die Kneipe grenzenden Halle spielen. Außerdem steht in der Kneipe ein uralter Kicker mit Spielern aus Metall. Ich bin fasziniert und Frank und ich machen ein paar Spiele an dem Tisch.


GR 11: Elizondo
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Tag 48: Elizondo > > > Vera de Bidasoa, 10.07.2008 - 1.200 hm auf - 8 h - 30 km -

GR 11-Etappe Tag 48: Elizondo - Vera de Bidasoa
Heute geht es von Elizondo nach Bera de Bidasoa. Wir verlassen unsere kleine Pension und folgen den GR 11 - Markierungen aus Elizondo hinaus. Nachdem wir die Häuser hinter uns gelassen haben geht es eine Weile bergauf durch Hänge mit hohem Farn.

Als wir endlich wieder aus dem Farn raus sind landen wir auf einem kleinen Teersträsschen, das wir weiter aufwärts gehen. Das Wetter ist zwar gut aber es ist etwas schwül und es dampft aus den Tälern heraus. Der Weiterweg bietet wenig Spektakuläres. Es ist eher monoton und der GR 11 führt viel über unattraktive Schotterpisten. Aber es geht nun nicht mehr um diese eine Etappe, es geht jetzt darum anzukommen und den Atlantik zu erreichen.

Wir spulen also unsere Kilometer im gewohnt hohen Tempo ab und erreichen ohne Zwischenfälle Bera de Bidasoa. Dort nehmen wir ein Zimmer in einem Casa Rural. Die Hausbsitzerin ist eine nette ältere Dame, die uns beiden Wanderen aber die Hausregeln und insb. die Regeln für die Sauberkeit im Haus genau erklärt. Kein Problem für uns, wir nehmen das Zimmer gerne. Es beginnt der letzte Abend auf dem GR 11. Etwas Wehmut kommt auf. Wir verbringen den Abend auf der Terasse des Casa Rural, die man als Gast benutzen darf. Der gegenüberliegende Blickfang ist die knapp 1.000 m hohe Berggesalt der La Rhune, auf der ich 2 Jahre später stehen werde. Das Foto dieses letzten Abends stelle ich hier trotz Unschärfe ein, da es stimmungsmäßig einfach der Abend des Abschieds vom GR 11 war.

GR 11:auf derTerasse eines Casa Rural in Bera de Bidasoa


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Tag 49: Vera de Bidasoa > > > Cap Higuer (Atlantik), 11.07.2008 - 900 hm auf - 8 h - 31 km -

GR 11-Etappe Tag 49: Vera de Bidasoa - Cap Higuer
Der letzte Tag des GR 11 beginnt. Ein Gefühl von etwas Besonderem kommt auf als wir uns fertig machen und losziehen. Das hat uns wohl so beschäftigt, dass wir beide unsere Trekkingstöcke im Casa Rural liegen bzw. stehen lassen. Ich bemerke es noch in Bera de Bidasoa als erster. Wir stoppen und ich marschiere kurz zurück und hole die Stöcke. Danach geht es weiter und der GR 11 verabschiedet uns mit Regen. Zunächst Nieselregen, dann immer mehr Regen und Nebel.

Ich betrachte das als eine Art "Abschiedsgeschenk". Der GR 11 präsentiert sich wettermäßig nochmal wie zu Beginn und nach dem Motto, "es hätten noch viel mehr solche Tage sein können". Zwei Jahre später auf der HRP habe ich die Erfahrung ja dann auch machen müssen. Gegen Mittag hört es dann aber auf zu regnen und wir schauen beim Laufen immer mal wieder in die Ferne, ob man schon irgendwo ein Stückchen vom Atlantik sehen kann. Gegen 15:00 ist es dann plötzlich so weit. Unter bzw. vor uns liegt der Atlantik. Es ist also so weit, das Ziel liegt vor uns, der GR 11 neigt sich dem Ende zu. 800 km und 40.000 Höhenmeter sind bald bewältigt.

Ich merke dass es ein ganz besonderes Gefühl ist, eine lange Bergtour nicht im Tal oder auf der Hütte sondern am Meer zu beenden. Nach den ersten Blicken auf den Atlantik kommt dann auch der Endpunkt des GR 11 in der Ferne langsam in's Blickfeld, die Landzunge an deren Ende der Leuchtturm am  Cap Higuer steht. Wir machen Fotos und wollen nun den Rest des Weges rasch hinter uns bringen. Der führt noch ein Stück entlang der Autobahn, dann durch Irun, an Strassen entlang, an Hondarribia vorbei und dann noch vor bis zum Cap Higuer. Wir lassen alles links liegen und laufen dem Ziel entgegen.

Und nach einer letzen Kurve stehen wir dann plötzlich vor dem Endpunkt des GR11, dem Leuchtturm am Cap Higuer. Wir sind froh angekommen zu sein und machen als erstes ein paar Zielfotos. Danach geht es sofort runter an den Atlantik zum obligatorischen Bad. Es ist herrlich! Nach dem Bad sitzen wir eine Weile in der direkt am Leuchtturm liegenden Bar und stoßen auf das glückliche Ende des GR 11 an, bevor wir dann auf den am Cap liegenden Campingplatz gehen.

Es gibt zwar schönere Campingplätze, aber der hier hat für Zelte ein paar Logenplätze über dem Atlantik bereit. Die Aussicht ist einfach Klasse.Wir machen heute nichts mehr bleiben auf dem Campinplatz.

Am nächten Tag feiern Frank und ich noch meinen 45. Geburtstag in Hondarribia. Und dann kommt der Zeitpunkt sich zu verabschieden. Frank fährt wieder nach Hause, ich bleibe noch 2 Tage. Wir verabschieden uns herzlich und halten auch nach der Tour noch über Jahre den Kontakt.

Der GR 11 war für mich eine ganz besondere Tour. Und er hat mir mehr gegeben als ich erwartet hatte. Von hier aus ein Gruß an Günther, Peter, Eike und Frank, mit denen ich unterwegs sein durfte und die Abschnitte dieses Weges mit mir gegangen sind.


Hier endet mein Bericht über meine Tour auf dem GR 11. Vielleicht ist er ja dem ein oder anderen Anregung und Informationsquelle für eine eigene Tour durch die zauberhaften Pyrenäen.

Teil I:   Cap de Creus - Espot
Teil II:  Espot - Sallent de Gallego - durch die Zentralpyrenäen
Teil III: Sallent de Gallego - Cap Higuer